Alles eine Frage der Unternehmenskultur
„Sing lauter, Herr Tenor, ich hab dich kaum im Ohr, sing LAUTER Herr Tenor!“… Fangesänge für den Tenor? So beliebt das Kölner Opernhaus auch ist, selbst hier kommt keiner auf die Idee zu grölen: „Mir stonn zo dir, Oper Kölle“. Und wer würde schon in Abendgarderobe ins Fußballstadion gehen und höflich applaudieren, wenn ein Tor für die eigene Mannschaft fällt?
Die gleichen Verhaltensweisen werden in unterschiedlichen Kontexten komplett anders wahrgenommen und interpretiert. Und können auch völlig unterschiedliche Reaktionen zur Folge haben: Begeisterung im Stadion, Rauswurf in der Oper. So ist das auch in Unternehmen. Ein Unternehmen tickt vielleicht eher wie eine Oper, ein anderes mehr wie ein Fußballstadion. Und diese spezifischen Verhaltensmuster formen und gestalten die Unternehmenskultur.
Höchst relevant wird diese scheinbar banale Beobachtung dann, wenn du in deinem Unternehmen etwas verändern willst.
Unternehmenskultur versus die „eine, wahre Lösung“
Ansätze, Methoden und Frameworks gibt es zuhauf, und alle scheinen zu versprechen, auch dein Unternehmen fit zu machen, ob mit OKRs, dem Loop-Approach, Flight Levels, Scrum oder vielen weiteren Ansätzen. Aber: Was in einem Unternehmen wunderbar funktioniert, kann in einem anderen krachend scheitern. Einfach alle Meeting-Termine streichen? Von diesem realen Praxisbeispiel habe ich im letzten Blog berichtet: – in anderen Unternehmen fährt die Führungskraft auf diese Weise ihren Bereich vor die Wand.
Das ist einer der Gründe, warum es nicht „die eine Lösung“ für ein Problem geben kann, denn viel zu oft wird die Wirksamkeit der eigenen Unternehmenskultur stark unterschätzt. Darum funktionieren agile Frameworks wie Scrum oder die Einführung von OKRs hier reibungslos, da mittelmäßig und woanders vielleicht gar nicht. Die bestehende Unternehmenskultur spielt hier eine wichtige Rolle.
Deshalb ist es für dich wichtig, zu wissen, wie du deine Unternehmenskultur besser verstehen kannst, wenn du zum Beispiel bei dir im Unternehmen ein agileres Vorgehen fördern willst. Und zu verstehen, dass es für dein Unternehmen keine Blaupause für gewünschte Veränderungen geben kann.
Ein Gespür für die Unternehmenskultur und hilfreiche Methoden
„Nimm bloß nicht die blaue Tasse, die nehmen nur die Führungskräfte …“ – manchmal sind es schon Kleinigkeiten, die tief blicken lassen. Was ich immer wieder erlebe: Wer in einem Umfeld gut integriert ist, hat schnell einen ordentlichen blinden Fleck. Viel leichter ist es, von außen auf die Unternehmenskultur zu schauen. Stell dir vor, Außerirdische kommen auf die Erde, die einen landen im Stadion, die anderen in der Oper. Vermutlich würden ihnen viele Dinge auffallen, die dir als Fußball- oder Opernfan im jeweiligen Kontext völlig normal vorkommen.
Wenn du deiner Unternehmenskultur auf die Schliche kommen willst, empfehle ich dir, sie genau beobachten: Schau dir an, was die Leute so tun und wie. Höre zu, wie die Menschen in deinem Unternehmen über eure Produkte und euer Angebot sprechen. Wie offen ist die Unternehmenskultur für Neues? Was kann ich aussprechen und wem gegenüber? Sind Hierarchien zu beachten? Ist stark vorgegeben, wie zu verfahren ist, oder ist Agilität schon ein gelebter Teil der Unternehmenskultur?
Individuelle Lösungen für individuelle Probleme
Mit den so gewonnenen Erkenntnissen kannst du nun weitergehen und dir anschauen, welche Strukturen, Tools, Prozesse oder Formalia diese Kultur bestärken oder behindern. Denn anders als die Unternehmenskultur kannst du diese als Führungskraft direkt beeinflussen und verändern. Und dann schauen, wie sich diese Veränderung auf die Unternehmenskultur auswirkt. So findest du Schritt für Schritt die Lösungen, die für dein Unternehmen wirksam sein können.
Sabine