By Published On: 27. Juli 2023Categories: MAERA InsightsTags: , , , , 3,7 min read

„Ich renne nur noch von Jour Fixe zu Jour Fixe. Ich habe gar keine Zeit mehr, wirklich zu arbeiten.“ „Ich sitze in ganz vielen Meetings, weiß aber manchmal gar nicht, was ich da soll!“ „Wozu brauchen wir so viele Meetings?.“

Die Aussagen der Teilnehmenden auf einem Führungskräfte-Workshop, den ich moderierte, waren ernüchternd. Sie zeigten: Es war dringend notwendig, die Kalender zu jäten, die mittlerweile überwuchert waren von teils uralten Serienterminen, den verschiedensten Abstimmungsterminen und diversen Teammeetings. Die Frage war nur: Wie gelingt es uns, mit weniger Meetings dennoch mehr Wert für die Führungskräfte zu schaffen? Der Bereichsleiter hatte dazu einen sehr pragmatischen Vorschlag – und der hat nicht nur mich ziemlich überrascht überrascht.

Welche Meetings brauchen wir eigentlich?

Zuvor hatte ich mit dem Bereichsleiter das Vorgehen abgestimmt: Statt alle bestehenden Termine der Führungskräfte anzuschauen und zu analysieren, was gut läuft, wie oft es das Meeting braucht, wer daran wirklich teilnehmen sollte usw., sollten sich die Führungskräfte von einer anderen Richtung nähern. Nämlich ausgehen von der Frage: Was sind Anlässe, zu denen wir uns abstimmen müssen? Wo brauchen wir Austausch, wo werden Entscheidungen getroffen, wo wird informiert, wo lernen wir voneinander? Und braucht es dafür ein Meeting oder etwas ganz anderes?

Vom eigentlichen Zweck des Termins hin zum geeigneten Format …

Dieses Vorgehen öffnete den Führungskräften Blick auf das, worum es eigentlich geht: um eine sinnvolle Zusammenarbeit, die letztlich der Wertschöpfung dient. Warum müssen wir miteinander sprechen? Worüber müssen wir sprechen? Wofür gibt es andere Kanäle, die wir gut nutzen können? Die Führungskräfte konnten so ganz ohne Altlasten neu entdecken, wann sie welche Treffen brauchten. Sie konnten Themen stärker bündeln und überlegen, ob es um Wissensvermittlung oder Abstimmungen geht. Oder ob bei dem Treffen ganz konkrete Entscheidungen getroffen werden sollen. Der Wunsch und Bedarf nach Austausch untereinander war natürlich weiterhin da, aber den wünschten sich die Führungskräfte nicht zwischen Tür und Angel in vollgestopften Agenden zwischen Kundentermin und Mittagspause, sondern seltener und dafür in der Tiefe.

Nachdem diese Anlässe gesammelt und verdichtet waren, bildeten sich Kleingruppen, die sich nun geeignete Formate für die identifizierten Anlässe überlegten. Nach anfänglicher Skepsis und Hürden, die gelernten Formate gedanklich hinter sich zu lassen, kamen richtig kreative Ideen zustande. Die Begeisterung war groß. Geschafft!

… aber die Kirche soll bitte im Dorf bleiben!

Und wie setzen wir das jetzt um? Soll es eine Übergangszeit geben, arbeiten wir die Formate genauer aus – es ist ja noch ganz unklar, ob das alles funktioniert! – und stellen sie nochmal allen vor, oder was machen wir jetzt? Diese Fragen wurden intensiv diskutiert. Ich wollte grade eingreifen, da ergriff der Bereichsleiter das Wort und kündigte einen mutigen Schritt an, der ganz im meinem Sinn war: 

„Wir machen einen klaren Cut. Wir löschen alle alten Termine! Ab dem nächsten Monat stehen keine Führungskräfte-Meetings mehr in unseren Kalendern.“ 

Wie hätten die Führungskräfte in deinem Unternehmen darauf reagiert? In meinem Workshop las ich aus den Gesichtern zwei verschiedene Reaktionen: Die einen waren baff. Sie hatten Fragezeichen auf der Stirn stehen: Wie jetzt? Alle Meetings absagen? Zweifel kamen auf: „Das müssen wir doch aber erst nochmal abstimmen, oder?“ Die andere Hälfte der Teilnehmer schmunzelte. Sie freute sich über diesen mutigen Schritt. So ging es mir auch.

Ausprobieren statt abstimmen

Hier konnte ich gut auf das aufbauen, was wir vorab im Workshop erarbeitet hatten. Das Führungsteam war sich einig, dass das gegenseitiges Vertrauen untereinander stark ausgeprägt ist. Die beste Voraussetzung, um mutig zu sein und auszuprobieren, was erarbeitet wurde. Bei Bedarf sollten die Formate in den kommenden Wochen weiter angepasst werden.

Mit diesem Vorschlag konnten alle gut mitgehen. Die Kirche musste also doch nicht zwingend im Dorf bleiben. Das Bild mit der Kirche, die außerhalb des Dorfes liegt, habe ich übrigens auf einer Wanderung gemacht, und ich hatte sofort rebellische Dorfbewohner vor Augen, die sich nicht scheuten, einfach für die (neue?) Kirche den schönsten Platz auf einer Anhöhe zu nutzen, statt sie wie in allen anderen Dörfern ringsum weiter im Dorf zu lassen. 

Dieses Bild fasst es für mich gut zusammen: Ihr dürft mutig sein und die Kirche auch mal aus dem Dorf lassen, so lange klar ist, wozu ihr das tut. 

Sabine