„Flatsch“! Der Papierstapel macht ordentlich Krach, als er auf dem Schreibtisch landet. „Das hier muss heute noch erledigt werden“, ruft die Chefin dem Mitarbeiter im Vorbeigehen zu, dann ist sie schon außer Sichtweite. Der Mitarbeiter hebt seinen Kopf. Gedanklich ist er gerade bei einem ganz anderen Projekt. Aber Ansage ist Ansage – deshalb speichert und schließt er die aktuelle Datei und widmet sich schulterzuckend dem neuen Stapel auf seinem Schreibtisch.
Führungskräfte, die nach dem Push-Prinzip agieren, tun dies, weil sie von folgender Annahme fest überzeugt sind: Wenn ich den Mitarbeitern ganz genau sage, was sie wann machen sollen, dann werden die Projekte schneller fertig.
Diese Schlussfolgerung klingt erstmal logisch, ist aber ein Irrglaube …
Von Tisch zu Tisch
Unternehmen, die uns von MAERA um Unterstützung bitten, äußern häufig Sorgen, wie: „Wir kommen nicht von der Stelle.“ „Unsere Wettbewerber bekommen das schneller hin.“ Oder: „Wir sind nicht dynamisch genug.“ Um mehr Schwung in die Arbeit zu bekommen, versuchen Führungskräfte dann häufig, ihre Mitarbeiter zu pushen.
Das heißt, sie ordnen an, was der Mitarbeiter wann machen soll. Hat der Geschäftsführer eine neue Idee, der Vertriebler einen neuen Kunden oder der Einkauf einen neuen Rahmenvertrag, landen immer mehr Papierstapel auf dem Schreibtisch der Mitarbeiter – oder Mails im Postfach. Alles ist wichtig und alles soll möglichst schnell erledigt werden.
Die Mitarbeiter sind ja aber gerade schon an einem anderen Thema dran. Also beginnen sie, parallel abzuarbeiten. Ich vergleiche das gerne mit drei Tischen. Stell dir vor, du sollst drei Tische bauen. Und zwar parallel, denn: Alle drei sollen möglichst schnell fertig werden. Was machst du nun? Du sägst das Holz für alle drei, verschraubst und lackierst es, usw. Immer wieder gehst du von einem Tisch zum nächsten. Nach sechs Tagen sind alle drei Tische endlich fertig. Für den Kunden des ersten Tisches bedeutet das: Er musste nun sechs Tage warten, obwohl du für einen Tisch eigentlich nur zwei Tage brauchst.
Dieses Beispiel zeigt: Das Push-Prinzip führt nicht zur Beschleunigung der Arbeit, ganz im Gegenteil!
Deshalb empfehle ich dir als Führungskraft, auf das Pull-Prinzip zu setzen. Ja, das bedeutet zunächst einen gefühlten Kontrollverlust. Am besten stellst dann sinngemäß alles an die Laderampe, was deine Mitarbeiter brauchen. Je nach Kapazität, holen sie sich die Aufgaben ab und erledigen sie.
Gezielt Arbeit abholen
„Aber meine Mitarbeiter haben doch gar keinen Überblick über alle Projekte und Zusammenhänge! Sie haben das Gesamtsystem nicht vor Augen, weshalb sie gar nicht beurteilen können, welche Aufgabe am wichtigsten ist.“
Dieser Einspruch kommt ganz häufig von meinen Kunden. Und ich kann ihn gut nachvollziehen! Schließlich kann ein Mitarbeiter gar nicht alle Projekte im Blick haben, das ist schlicht nicht seine Aufgabe.
Deshalb empfehle ich dir, ein Eingangstor zu etablieren. Damit meine ich eine oder mehrere Führungskräfte, die die hereinkommenden Anforderungen filtern und priorisieren. Die die Strategie im Blick haben und die Mitarbeiter darüber informieren.
Mit diesem Wissen ausgestattet, können die Mitarbeiter loslegen und sich gezielt die Arbeit abholen. Ein solcher Umgang mit dem Pull-Prinzip führt nicht nur dazu, dass ihr als Firma dynamischer werdet. Denn jeder einzelne Mitarbeiter wird darüber hinaus merken, wie befriedigend es ist, eine Aufgabe wirklich fertigstellen zu können, bevor die nächste ansteht.