Ich deute auf die weiße Wand hinter mir. Das Team blickt mich erwartungsvoll an. „Ihr wollt euch verändern, eure Projektabläufe optimieren. Wir fangen an, indem wir zunächst eure Ist-Situation und euer Ziel beschreiben. Was wollt ihr gemeinsam entwickeln? Dann können wir die Schritte erarbeiten und in eine Reihenfolge bringen,“ beginne ich unseren Workshop. „Ok, und mit welchem Tool arbeiten wir?“ meldet sich eine Teilnehmerin zu Wort. Ich deute erneut auf die weiße Wand hinter mir – und sehe die skeptischen Blicke, die sich die Kollegen untereinander zuwerfen. Ein Skepsis, die ich ad hoc nur ausräumen könnte, wenn ich lächelnd dann doch ein modernes Tool aus der Tasche ziehen würde. Mache ich aber nicht. Weil für die Agilität digitale Tools oft einen Fluch darstellen.
Digitale Tools als Blockade
Digitale Tools können großartige Werkzeuge sein. Aber ich mache immer wieder die Erfahrung, dass der exzessive Einsatz von digitale Tools in Projekten eher hinderlich als hilfreich ist. Und das liegt nicht daran, dass die Tools schlecht sind.
Warum werden deiner Meinung nach Tools auf den Markt gebracht? Letztendlich wollen die Hersteller damit Geld verdienen. Und da ist es gut, wenn möglichst viele und möglichst komplexe Funktionen in diese Tools eingebaut werden: Sie erfassen alle Daten, ermöglichen ein groß angelegtes Controlling – und ehe man sich versieht, verliert man vor lauter Daten, Messungen und Controlling das eigentliche Kernproblem aus den Augen. Man arbeitet am Tool, nicht am Problem.
Heutzutage verwenden mehr oder weniger alle Unternehmen, mit denen wir zusammenarbeiten, digitale Tools. Oft sind es Standardwerkzeuge. Das heißt, man kommt in eine Welt, in einen Arbeitsalltag, der schon sehr stark von so einem Tool geprägt ist und in dem sich die Menschen in dieser vorgeprägten Welt eingerichtet haben. Die Tools steuern sozusagen das kollektive Denken, definieren die Zusammenarbeit des Teams.
Das ist kontraproduktiv für Agilität, für flexibles Arbeiten, für schnelles Reagieren auf Veränderungen und vor allem: für die Kommunikation im Team. Denn: Da hat sich ein Hersteller hingesetzt und ein tolles Tool entwickelt, das viele Funktionen integriert, unzählige Lösungen als Weg durch unwegsames Gelände bietet. Aber: Ist das dein Weg?
Unsere Erfahrung bei MAERA hat immer wieder gezeigt, dass Teams am besten selbst entscheiden können, was sie brauchen, um eine Aufgabe sinnvoll zu erledigen. Dass sie einen viel klareren Blick haben, wenn sie sich nicht blind auf die Möglichkeiten der vielen digitalen Tools verlassen. Wenn sie selbst denken und vor allem: miteinander kommunizieren.
Das beste Tool zum Erfolg
Wir bei MAERA wollen, dass die Teams, die Teammitglieder miteinander reden. Wir wollen, dass sie ihren eigenen, idealen Weg suchen. Und erst im zweiten Schritt ein Tool suchen, das diesen Weg optimal unterstützt. Deshalb ist eine weiße Wand manchmal das beste Werkzeug. Weil sie Raum gibt, sich auszutauschen und den individuellen Weg zu definieren. Weil sie dich flexibel und agil macht. Die weiße Wand schreibt dir nichts vor.
Und auch in diesem Team hat es funktioniert. Trotz anfänglicher Skepsis füllt sich die weiße Wand nach und nach mit vielen kleinen bunten Zetteln. Das Team tauscht sich aus und macht sich gemeinsam Gedanken. Entwickelt gemeinsam neue Prozesse und Abläufe. Und setzt diese dann mit einem bewusst gewählten Tool um. Der erste Schritt ist nicht irgendein ausgefallenes Tool, auf dem „agil“ steht. Der erste Schritt ist ein Raum, in dem das gesamte Team zusammenkommt und sich austauscht.